Testung der Titan-Unverträglichkeit

Eine Titan-Unverträglichkeit ist keine Allergie

Titan ist ein Metall, das sehr häufig Bestandteil von Endoprothesen ist. Kommt es im Zusammenhang mit solchen Präparaten, die dauerhaft in den Körper eingebracht werden, zu Komplikationen, wird manchmal von einer „Titan-Allergie“ gesprochen. Dies ist streng genommen falsch. Eine Titan-Allergie ist bisher nicht wissenschaftlich beschrieben. Es handelt sich um eine Unverträglichkeit für das Metall, die auf einem anderen Weg zustande kommt als eine typische Allergie. Werden Titanpartikel aus Endoprothesen freigesetzt, reagieren sie sofort zu Titanoxid. In dieser Form kann das Metall keine Allergie auslösen. Dennoch können Titanoxidpartikel für das Immunsystem zu einer Herausforderung werden.

Wie kommt es zur Unverträglichkeitsreaktion?

Der Grund dafür ist eine überschießende entzündliche Reaktion auf die Titanoxid-Partikel, die von bestimmten Zellen unseres Immunsystems ausgeht, den Makrophagen. Diese Zellen sind normalerweise dafür zuständig, Partikel, Zelltrümmer, aber auch Bakterien und Viren zu entsorgen, indem sie diese „auffressen“, verdauen und dadurch unschädlich machen. Dabei geben sie in ihre Umgebung entzündungsfördernde Botenstoffe ab, sogenannte Zytokine. Die Freisetzung solcher Substanzen durch die Makrophagen ist an sich noch kein krankheitsauslösender Vorgang, sondern entspricht der normalen Funktion dieser Zellen. In manchen Fällen kommt es jedoch zu einer besonders starken Ausschüttung. Diese kann den Anfangspunkt einer übersteigerten Immunreaktion bilden.  Entscheidend für das tatsächliche Ausmaß dieser Immunantwort ist die Kombination zweier Faktoren. Erstens: die Menge an freigesetzten pro-entzündlichen Zytokinen (TNFα und IL1β). Zweitens: die individuelle Entzündungsneigung eines Patienten. Diese ist genetisch bedingt und damit für jeden Menschen lebenslang gleich.

Wie funktioniert der Test?

Im Titan-Stimulationstest werden Makrophagen aus dem Blut des Patienten in vitro, das heißt in einer Zellkultur, mit Partikeln aus Titanoxid inkubiert. Anschließend erfolgt die Messung der Zytokine. Hohe Werte zeigen dabei eine überschießende Reaktion des Patienten und belegen das Vorliegen einer Titan-Unverträglichkeit.

Zur Untersuchung der individuellen Entzündungsneigung des Patienten kommen molekularbiologische Verfahren zum Einsatz. Anhand der festgestellten Veranlagung lässt sich ein Grad der Entzündungsbereitschaft des Patienten von Grad 0 (niedrig) bis Grad 4 (hoch) bestimmen.

Liegen bei einem Patienten sowohl eine Titan-Unverträglichkeit als auch eine hohe Entzündungsneigung vor, dann besteht ein stark erhöhtes Risiko für ein gesteigertes Entzündungsgeschehen oder gar einen Verlust der Endoprothese.

Woran man bei titanhaltigen Endoprothesen auch denken sollte

Wie bereits oben dargestellt, ist bei der Verwendung von Titan in Endoprothesen kaum mit einer tatsächlichen Sensibilisierung vom Typ IV zu rechnen, wie sie bei anderen Metallen oder Kunststoffen vorkommt und im Lymphozyten-Transformations-Test (LTT, siehe hierzu auch: ZIES – Patienten – Information: Lymphozyten-Transformations-Test) untersucht werden kann. Bisweilen kann es aber trotzdem bei Patienten mit Titan-Prothesen zu „echten“ allergischen Reaktionen kommen. Mögliche Ursache hierfür ist die natürlich vorkommende Verunreinigung des Werkstoffs Titan. Selbst Reintitan kann noch geringe Mengen von Nickel, Vanadium oder Aluminium enthalten. Diese Begleitmetalle können bei bestehender Vorsensibilisierung eine Immunreaktion auslösen. Daher ist es sinnvoll, bei einer entsprechenden Beschwerdelage über die Austestung dieser Stoffe im LTT nachzudenken.

Treten bei titanhaltigen Endoprothesen Komplikationen wie beispielsweise Entzündungen auf, stehen zur Abklärung der Ursachen also laborseitig drei Untersuchungen zur Verfügung.

1. Der Titan-Stimulationstest

2. Die Bestimmung der individuellen Entzündungsneigung

3. Der Lymphozyten-Transformations-Test

Gerade im Fall des Titans wird deutlich: Will man die Ursachen für entstehende Probleme ausfindig machen, muss man mit einem ganzheitlichen Untersuchungsansatz arbeiten. Es gilt, sowohl die von außen wirkenden Faktoren als auch die persönliche Veranlagung („genetische Prädisposition“) des Patienten, die seine Reaktion auf diese Reize bestimmt, in den Blick zu nehmen.